War das letzte Jahrhundert von der Chemie, also den Fortschritten in der Entwicklung von Medikamenten geprägt, so treten wir nun – davon bin auch ich überzeugt – in das Zeitalter der physikalischen Methoden ein, die natürliche physikalische Schwingungen und Wellen als Elemente benutzen, um die körpereigene Balance wieder herzustellen und die natürlichen Regenerationsmechanismen des menschlichen (und übrigens auch des tierischen) Organismus zu aktivieren und zu unterstützen.
Wer sich mit Krankheit bzw. Gesundheit beschäftigt, der weiß, dass unsere körperlichen Regelwerke zum einen aus biochemischen Abläufen bestehen, zum anderen aber eben auch auf elektrischer bzw. elektromagnetischer Ebene agieren. Jede einzelne Zelle unseres Organismus agiert, kommuniziert und lebt daher auf Basis dieser beiden Funktionskomponenten.
So ist es nur legitim und erfreulich, dass mittlerweile beiden Komponenten, die einander brauchen und bedingen, gleichermaßen Aufmerksamkeit in Forschung, Wissenschaft und Entwicklung geschenkt wird – und dies auch dank unseres technischen Fortschritts in geradezu rasanten Zeitläuften.
Stoßwellen-Verfahren etablieren sich in immer mehr medizinischen Fachgebieten.
Stoßwellen werden nun schon seit über 40 Jahren auch in der Medizin benutzt. Jeder kennt dies, wenn es um die Behandlung von Nierensteinen geht. Hier sind Stoßwellen längst Standard: Mussten Nierensteine bis Anfang der 1980er Jahre aufwendig heraus operiert werden, was für die Patienten leidvoll und mit einer sehr langen Rehabilitationsphase verbunden war, so ist die „Lithotripsie“ genannte Stoßwellen-Methode zur minimal-invasiven Eliminierung der Steine heute längst medizinischer Standard geworden.
Seit Anfang der 2000er-Jahre sind Stoßwellen auch häufig das Mittel der Wahl im Bereich der Orthopädie. Sowohl die radiale als auch die fokussierte Stoßwellen-Therapie sind exzellente Verfahren zur effektiven Behandlung zahlreicher orthopädischer Indikationen wie etwa Kalkschulter, Tennisarm, chronische Rückenbeschwerden, Sehnenscheidenentzündungen, Fersensporn und Pseudarthrosen (Knochenbrüche, die nicht verheilen)– um nur einige wenige Einsatzbereiche zu nennen – und haben sich in der Orthopädie, wie mittlerweile auch in der Dermatologie und in Spezialsegmenten der Kardiologie längst durchgesetzt.
So nimmt es übrigens nicht Wunder, dass just wir Orthopäden, die wir seit vielen Jahren mit Stoßwellen arbeiten, möglicherweise eben am schnellsten erkannt haben, welches Potential die Transkranielle Pulsstimulation auf dem Gebiet der Zellaktivierung im menschlichen Gehirn haben kann. Zudem haben jene Orthopädien wie auch ich, die wir Stoßwellen als Schwerpunkt-Therapien seit vielen Jahren anwenden, einen besonders intensiven Bezug zum Energieverhalten und der Eindringtiefe sowie des Einflusses auf das Gewebe dieser Therapieform. Doch lesen Sie dazu im Bereich „Transkranielle Pulsstimulation“ mehr.
Was sind Stoßwellen und wie funktionieren sie?
Stoßwellen sind letztlich schlicht Druckwellen, die gemeinhin auch als Schallwellen bezeichnet werden. Stoßwellen umfassen das gesamte Spektrum vom nicht hörbaren Infraschall über den Hörschall bis hin zum wiederum nicht hörbaren Ultraschall. Wir alle kennen diese Druckwellen bzw. hören sie, wenn ein Flugzeug oben am Himmel die Schallmauer durchbricht und ein sehr lauter, extrem kurzer Knall ertönt. Schall breitet sich in Wellenform rund um seine Quelle aus. Seine Geschwindigkeit hängt von der Beschaffenheit der Umgebung und der jeweiligen Temperatur ab. Bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius sind es z. B. 333 Meter in der Sekunde.
Für medizinische Zwecke werden diese Druckwellen, also die Stoßwellen, in den jeweiligen medizintechnischen Behandlungsgeräten technisch erzeugt, und zwar je nach Bedarf mit höherer oder niedrigerer Energie. Bei der Lithotripsie, also der Eliminierung von Nierensteinen benutzt man sehr starke Stoßwellen, in der Orthopädie herrschen unterschiedliche Parameter je nach den Einsatzgebieten wie beispielsweise Knochen oder dem weicheren Gewebe. Bei der Transkraniellen Pulsstimulation schließlich werden äußerst niedrigenergetische, kaum bis gar nicht mehr zu spürende Wellen eingesetzt, die Gehirnzellen aktivieren und regenerieren können, aber nicht einmal mehr das Gehirngewebe erwärmen, da dies weder notwendig noch erwünscht ist.
Was bewirken Stoßwellen in der Medizin nun genau?
Die Bandbreite der Wirkmechanismen auf den menschlichen Organismus ist schlicht faszinierend. In tausenden Studien wurden und werden diese Wirkmechanismen und zumal ihre regenerativen Prinzipien weltweit erforscht. Vieles konnte die Wissenschaft schon eindeutig beweisen, anderes befindet sich noch im Bereich der Postulierung, also im Rahmen der wissenschaftlichen These und Ableitung aus Untersuchungsergebnissen.
Zusammenfassend lassen sich die Wirkprinzipien der Stoßwellen mit dem Begriff „Mechanotransduktion“ erläutern: Dieser Fachbegriff steht, sehr vereinfacht, für die Umwandlung eines mechanischen Reizes in ein elektrisches Signal. Diese Signale sorgen für zelluläre Reaktionen, also Antworten von Zellen darauf in Form verschiedenster Reaktionen. Und diese sind wirklich eindrucksvoll, wie wir anhand der Forschungsdaten bei Stoßwellen in Bezug auf die Alzheimer-Demenz sehen können:
- die Mechanotransduktion scheint durch Stoßwellen zahlreiche biologische Effekte zu bewirken wie etwa die Erhöhung der Zellpermeabilität zur Förderung der Durchlässigkeit der Zellmembranen für den Transport von Nährstoffen und den Abtransport von Abfallstoffen;
- es kommt kolportiert zu einer Ausschüttung von Neurotransmittern wie dem VEGF (Englisch: Vascular Endothelial Growth Factor – eine Protein-Gruppe, die als Signalmoleküle unterschiedliche Aufgaben erfüllen), zur Verbesserung der Durchblutung in den Kapillaren und die Neubildung von Kapillaren selbst, weiterer Botenstoffe für die Ernährung, Reifung der Neuroplastizität und der Reparatur von Nervengewebe sowie zur Erhöhung der Botenstoffe Serotonin und Dopamin;
- weiterhin wird auch Stickoxid (NO) freigesetzt, das ebenfalls den Blutfluss in den Kapillaren erhöht und die wichtigste Energiequelle für all die hier beschriebenen Prozesse gilt. Die Stickoxid-Konzentration spielt deshalb bei neuro-degenerativen bzw. bei neuro-regenerativen Prozessen eine entscheidende Rolle;
- die Stoßwellen fördern die Produktion, Differenzierung und Wanderung von adulten (nicht etwa embryonalen) Stammzellen;
- darüber hinaus konnte eine Korrelation von tiefen BDNF-Konzentrationen (Englisch: brain-derived neurotrophic factor – Proteine, die zur Gruppe der Neurotrophine gehören) im Gehirn und neuropsychiatrischen Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit und der bipolaren affektiven Störung.
Stoßwellen – zukunftsweisende Therapie-Formen zur eigenständigen Regeneration der Zellen.
Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Bandbreite an Wirkmechanismen letztlich dazu angetan ist, ein zentraler Baustein in der künftigen Medizin zu werden. Denn abgesehen von der Akutmedizin, also der chirurgischen Versorgung nach Unfällen, der Behandlung von Krebserkrankungen und akuten Infekten, ist und kann Medizin schon immer und stets im ursprünglichen Sinne „nur“ Hilfe zur Selbsthilfe sein, um die Regularien des menschlichen Organismus durch Intervention zu unterstützen.
Der menschliche (und nochmals: auch der tierische Organismus) verfügen über zahlreiche, immanente Regenerationsmechanismen, die im Falle von Erkrankungen nötigenfalls Unterstützung brauchen.
Dies können Stoßwellen-Behandlungen bieten und ich bin mir sicher, dass wir in den kommenden Jahren noch mehr medizinische Durchbrüche auf diesem Gebiet der Medizin erwarten können.